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Presseberichte


29.01.2011

Schützt die Bachmuschel


Die Kleine Helme bei Voigtstedt gehört zum 316 Hektar großen Flora-Fauna-Habitat zwischen Voigtstedt, Kalbsrieth und Artern. Foto: Wilhelm Slodczyk

Der Arm der EU ist lang. Er reicht bis ins kleine Voigtstedt und Kalbsrieth im Kyffhäuserkreis. Dort müssen die Gemeinden Bachmuscheln, Otter und Libellen schützen, weil es Brüssel so will.
Artern. Jetzt wurde ihnen der Managementplan für das 316 Hektar große Schutzgebiet Mönchenried und Helmegräben offiziell vorgestellt. Sie sitzt in der Kleinen Helme und im Graben 23, halb eingegraben in den feinkiesigen Untergrund, und ahnt gar nicht, welchen Aufwand die Menschen betreiben, um es ihr so angenehm wie möglich zu machen: Die Bachmuschel, Unio Crassus, ist in Thüringen sehr selten. Aber in den Wasserläufen bei Voigtstedt gibt es einige Exemplare. Thüringen hat die Gegend vor Jahren bei der Europäischen Union als sogenanntes Flora-Fauna-Habitat angemeldet - als Gebiet mit schützenswerten Lebensräumen für Tiere und Pflanzen.

Seitdem muss Voigtstedt die Muschel schützen. Damit sie sich wohlfühlt, wurden schon zwei Fischtreppen für ihre Wirtsfische gebaut, man hat Störsteine in den Bachlauf gebracht und Grabennischen angelegt - als Ruhezonen. Geschätzte 250 000 Euro haben Artern und Voigtstedt dafür bisher ausgegeben. Natürlich gab es Fördermittel von der EU, aber je nach Projekt nur bis zu 70 Prozent. Den Rest mussten die Kommunen bezahlen. Inzwischen liegt für das FFH-Gebiet Mönchenried und Helmengraben ein so genannter Managementplan vor. Gemäß EU-Richtlinie wurde er aufgestellt, damit künftig alle wissen, mit welchen Maßnahmen sie die Muschel zu schützen haben.

Und ebenso den Fischotter und die drei Libellenarten Grüne Keiljungfer, Helm- und Vogel-Azurjungfer, die auch an der Kleinen Helme und dem Graben 23 leben. Erarbeitet hat den Plan das Büro Rana aus Halle. Inhaber Frank Meyer stellte dieser Tage in Kalbsrieth das Papier vor und machte den anwesenden Bürgermeistern und Vertretern der Gewässerverbände gleich klar, dass mit den Vorschriften nicht zu spaßen ist. Die seien nämlich "behördenverbindlich". Dieses wunderbare Wort besagt, dass die Kommunen und Ämter bei jeder Maßnahme in dem betroffenen Gebiet stets die Bachmuschel, die Azurjungfern und den Otter im Hinterkopf haben müssen. Die Muschel zum Beispiel kommt in Thüringen fast nur noch bei Voigtstedt vor. 

"Wenn sich also die EU mal erkundigt, wie es eigentlich der Bachmuschel in Thüringen geht, dann wird sie hierher schauen", so Meyer. Der Lebensraum in der Kleinen Helme und im Graben 23 soll erhalten und sogar Stück für Stück verbessert werden. Vorbild sind flache Bachläufe in Nordbrandenburg, wo die Molluske unter paradiesischen Bedingungen gedeiht. "Da finden Sie ganz dick Bachmuscheln drin", erzählte Meyer begeistert. Während man sich im Publikum murmelnd fragte, warum eigentlich die nordbrandenburgischen Muschelmassen nicht ausreichen für den Erhalt der Art. Natürlich, so Meyer, könnten nicht alle Maßnahmen auf einen Ruck umgesetzt werden.

Das hänge auch immer von den finanziellen Möglichkeiten ab. Aber wenn sich zum Beispiel das Straßenbauamt irgendwann mal entschließt, die Straße nach Kalbsrieth zu erneuern, dann muss es an der Ölmühle eine Otter-Leiteinrichtung mit einbauen lassen. Damit nicht mehr so viele Fischotter auf dem Weg von der kleinen Helme in die Unstrut von Autos plattgefahren werden. In der Region hat man derweil Bedenken, ob die Vorschriften zum Muschelschutz gut mit dem Hochwasserschutz vereinbar sind. Die betroffenen Gräben dürfen nämlich nur noch auf einer Seite entkrautet werden, damit es für die Mollusken schattig bleibt. Frank Meyer indes versicherte, dass Veränderungen an den Wasserläufen nur dort vorgenommen würden, "wo man es verantworten kann."

Grit Pommer / 29.01.11 / TA 

Copyright: Thüringer Allgemeine

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