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Der falsche Rotbart

Als Kaiser Friedrich nicht mehr auf Erden wandelte, hat es sich zu-getragen, daß mehrere Männer nacheinander aufgetreten sind und sich für Kaiser Barbarossa ausgegeben haben. Sie haben aber alle ein klägliches Ende genommen. Der berühmteste unter ihnen war Tile Kolup, der zu Neuß verbrannt wurde. Anno 1546 erhob sich in der ganzen Güldenen Aue ein Geschrei; der Rotbart sei wiedergekommen; er werde nun das Reichspanier entfalten, den Türken aus Europa treiben und endlich das heilige Land befreien. Da strömte viel Volk hinauf auf den Kyffhäuserberg. Dort hatten Schäfer und Hirten einen alten Mann von stattlichem Ansehen erblickt, mit langem roten Bart; dieser Mann war überraschend aus dem Gemäuer getreten und dann wieder vor ihren Blicken verschwunden. Bald traten auch Leute auf, die ihn gesprochen hatten. Nun war des Erzählens kein Ende von dem wiedererstandenen Kaiser Friedrich. Und in der Tat war solcher Mann vorhanden, wohnte in den Gewölben der alten Burg, offenbarte sich denen, die zu ihm kamen und sagte aus, er sei wahrhaftig der alte Barbarossa und erwarte nur noch Briefe aus Bayern und anderen Landen, dann wolle er hervortreten, sich des Reiches annehmen und lobiglich regieren. Darauf gewann er gewaltigen Anhang. Es kamen täglich wohl über zweitausend Menschen auf den

Berg, dabei wurden dem kaiserlichen Herrn Gaben in Fülle vom Volke zugebracht. Als eines Tages das Volk wieder heraufkam, den Kaiser zu besuchen, da war er verschwunden und nimmer mehr gesehen. Danach meinten die Leute, es möge wohl dem armen alten Friedrich nicht mehr gefallen haben auf der bösen und verderbten Oberwelt und daß er sich wieder hinunter verwünscht habe in das unterirdische Schloß. Er werde wohl zu einer anderen Zeit wiederkommen. Das Laufen jedoch nach dem Berge und das Walten des falschen Kaisers droben hatte über zwei Jahre Bestand gehabt.

Es gab zu verschiedenen Zeiten Männer, die den Volksglauben dazu nutzten, ihre persönlichen Interessen durch die Darstellung eines Kaiser Friedrich zu verwirklichen oder einfach, um Vermögen zu erlangen. Einer jener falschen Friedriche war Dietrich Stahl, genannt Tile Kolup, der um 1283 in der Rheingegend sein Unwesen trieb. In Köln bereits mit Kerker bedacht, gelang es Kolup später in Reuß, einige Anhänger durch seine täuschende Ähnlichkeit mit Friedrich II. und genauer Kenntnis der Hofsitten an sich zu binden. Johannes Rothe, der thüringische Chronist, berichtete weiter: Kolup hatte derart viel Zulauf, daß gar Reichsstädte seiner Täuschung unterlagen und ihm reichlich Geschenke zuführten. 1285 erreichte die Bewegung des Kolup ihren Höhepunkt. Samt Anhang nach Wetzlar gezogen, mußte nun Kaiser Rudolph I. einschreiten und belagerte deshalb Wetzlar, forderte die Herausgabe Kolups. Dieser bekannte auf der Folter und wurde zum Feuertod verurteilt. Am 7. Juli 1285 wurde Tile Kolup auf dem Wiesenplane in der Nähe der Stadt Wetzlar verbrannt. In der vorgenannten Sage wird Kolup mit Johannes Leupold, einem Schneider aus Langensalza, verwechselt, der jedoch nur wenige Tage in der Kapelle der Kyffhäuserunterburg hauste. Leupold wurde auf Anordnung des Schwarzburger Grafen Günther im Februar 1546 zum Verhör nach Sondershausen gebracht und dort nach erwiesener Unschuld entlassen.

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